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Vera Pichler über Greenwashing
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Vera Pichler

Greenwashing – warum es für niemanden sinnvoll ist

Wenn man mit Unternehmensvertreter:innen spricht, wird meist ganz klar gesagt, dass man Nachhaltigkeitsaktivitäten ernsthaft angehen möchte. Greenwashing soll auf jeden Fall vermieden werden. Trotz dieser gut gemeinten Absichten, hat eine Studie[1] der EU-Kommission ergeben, dass rund die Hälfte der Umweltaussagen diesem Anspruch nicht gerecht wird.

In dieser Studie wurden 150 Umweltaussagen bewertet. Rund 53 % dieser Aussagen sind vage, irreführende oder enthalten unbegründete Informationen über die Umwelteigenschaften der Produkte.

Immer mehr Unternehmen verpflichten sich auch zu „net zero“ und wollen damit zum Klimaschutz beitragen. Wenn man jedoch etwas genauer hinsieht, zeigt sich hier oft, dass Umsetzungspläne fehlen, oder bestimmte Emissionen erst gar nicht berücksichtigt werden.[2]

Greenwashing, also die gezielte Verbreitung von Desinformationen um ein Image ökologischer Verantwortung zu bekommen, begegnet uns also laufend. Vielleicht sind die „grünen Aussagen“ des Unternehmens sogar wahr, lenken jedoch von anderen Problemen ab.[3]

Es gibt eine Vielzahl an möglichen Strategien um sich grün zu färben, wie z.B. die „7 Sünden des Greenwashings“ zeigen:[4]

  1. Versteckte Kompromisse: Bei dieser Greenwashing-Strategie werden Produkte mit umweltfreundlichen Aspekten beworben. Andere, weniger „grüne“ Produkteigenschaften werden geflissentlich verschwiegen oder negiert.

  2. Fehlende Beweise: Etiketten wie „grün“ oder „nachhaltig“ sagen ohne Zertifizierungen (von unabhängigen Stellen!) nichts über die tatsächlichen Produktionsbedingungen bzw. Gegebenheiten aus.

  3. Vage Aussagen: Unklare und oft missverständliche Aussagen wie „nachhaltigere Baumwolle“ klingen zwar gut, sind aber nicht automatisch gleichbedeutend mit ökologisch produzierter Ware.

  4. Irrelevanz: Angaben, die zwar wahr sind, aber keine Aussagekraft haben. Was haben Verbraucher davon, wenn ein Produkt damit beworben wird, dass eine ohnehin verbotene Substanz nicht enthalten ist (z.B. „FCKW-frei“)?

  5. Das kleinere Übel: Konsumenten werden von schwerwiegenden Auswirkungen eines Produktes abgelenkt, indem diese überspielt werden. Oft wird ein Produkt mit einem anderen, noch weniger umweltfreundlichen verglichen, damit Ersteres in einem besseren Licht erscheint.

  6. Lügen: Sachlich falsche Aussagen, die Verbraucher gezielt in die Irre führen.

  7. Irrelevante bzw. Fake-Labels: Sich im Gütesiegeldschungel zurechtzufinden, ist für Konsumenten eine Herausforderung geworden. Es gibt seriöse Zertifizierungen; solche, die im Grunde keine Relevanz haben; und solche, die schlichtweg erfunden sind.

 

Dabei unterstelle ich den Unternehmen gar nicht immer böse Absicht. Ich denke, dass es viele verschiedene Gründe oder besser gesagt Ursachen für Greenwashing: fehlendes Wissen, etablierte Annahmen bzw. Aussagen, zu wenig Auseinandersetzungen mit Anforderungen, etc.

Das große Problem ist, dass Greenwashing aber kein Kavaliersdelikt ist – obwohl es so behandelt wird. Denn durch Greenwashing geht Glaubwürdigkeit verloren. Das hat fatale Auswirkungen, wenn es darum geht, Menschen für nachhaltige Entwicklung zu gewinnen. Warum soll ich mich anstrengen nachhaltiger zu leben, wenn ich ohnehin überall falsche Informationen bekommen oder sogar angelogen werde?

Hier könnte man noch argumentieren, dass das dem einzelnen Unternehmen egal sein kann. Durch Greenwashing geht aber auch das Vertrauen von direkten Stakeholdern wie Kund:innen und Mitarbeiter:innen verloren. Das heißt, dass Greenwashing auch ganz konkrete Risiken für Unternehmen birgt. Zusammengefasst, macht es, über kurz oder lang, für niemanden Sinn, wenn Greenwashing betrieben wird.

Dieser Ansicht ist offensichtlich auch die EU-Kommission, denn mit einer neuen Richtlinie zu „Green Claims“ soll es zukünftig strengere Vorgaben und auch Sanktionsinstrumente geben.

Es führt also kein Weg an Transparenz vorbei. Es geht darum ganz klar zu kommunizieren, welche Ziele das Unternehmen verfolgt, wo es aktuell steht und welche Maßnahmen dafür gesetzt werden. Das Verstecken hinter Labels oder schwammigen Aussagen ist dabei nicht hilfreich.

Diese Offenheit ist sicher nicht immer einfach, denn es geht auch darum, Fehler oder Rückschläge darzustellen. Aber das ist das, was wir brauchen und auch das, was sich Stakeholder erwarten.

 

Inspiriert von Inhalten und Diskussion im Rahmen des Lehrgangs „Klimaneutralität in KMUs“ der Klimaschutzakademie

 

Link zum Richtlinienentwurf: https://environment.ec.europa.eu/publications/proposal-directive-green-claims_en

 



[1] https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:ccf4e0b8-b0cc-11ec-83e1-01aa75ed71a1.0002.02/DOC_1&format=PDF

[2] https://zerotracker.net/insights/the-end-of-the-beginning

[3] https://www.quarks.de/umwelt/klimawandel/darum-ist-greenwashing-ein-problem/

[4] https://konsument.at/die-sieben-suenden-des-greenwashings/5608

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