Selten, aber doch: Die gerade zu Ende gegangene UNO-Ozeankonferenz in Nizza hat einen ermutigenden Fortschrittim weltweiten Meeresschutz gebracht. Im Zentrum stand dabei das sogenannte Hochseeabkommen, das es kĂŒnftig ermöglichen soll, international verbindliche Schutzgebiete auf hoher See auszuweisen â also in jenen GewĂ€ssern, die bisher weitgehend rechtlich ungeschĂŒtzt waren.
Damit dieses Abkommen in Kraft treten kann, mĂŒssen es mindestens 60 Staaten ratifizieren. Lange sah es danach aus, als wĂŒrde dieses Ziel nur zĂ€h erreicht. Doch zu Beginn der Konferenz ratifizierten mehr als ein Dutzend Staaten das Abkommen â ein deutliches Signal. Laut Angaben aus Frankreich könnten die notwendigen 60 Ratifizierungen bis spĂ€testens September vollzogen sein. Auch Greenpeace und OceanCare sprechen von einem âermutigenden Fortschrittâ.
Bislang stehen nur etwa acht Prozent der Ozeane unter wirksamem Schutz. Das neue Abkommen soll ermöglichen, diesen Anteil bis 2030 auf 30 Prozent zu steigern â ein international anerkanntes Ziel, das ambitioniert bleibt, aber ohne völkerrechtliche Grundlage kaum erreichbar wĂ€re.
Ozeanforscher Mojib Latif betont: âSchutzgebiete sind dann eben Gebiete, wo die Menschen nichts zu suchen haben. Da darf dann auch nicht gefischt werden.â Genau dieser Ansatz ist notwendig, denn die Meere sind bereits heute in einem alarmierenden Zustand.
Auf der Konferenz â an der Vertreter:innen aus 175 LĂ€ndern teilnahmen, darunter 64 Staats- und Regierungschefs â wurde die Lage der Meere als globale Notlage bezeichnet. GrĂŒnde dafĂŒr gibt es viele: die fortschreitende ErwĂ€rmung, der Verlust biologischer Vielfalt, Ăberfischung, PlastikmĂŒll und LĂ€rmverschmutzung.
Die Ozeane nehmen rund 90 Prozent der ĂŒberschĂŒssigen WĂ€rme auf, die durch Treibhausgase entsteht, und binden etwa ein Viertel des COâ, das wir in die AtmosphĂ€re entlassen. Damit sind sie zentrale Puffer im Klimasystem â doch dieser Puffer kommt zunehmend an seine Grenzen. Der Anstieg des Meeresspiegels, die Korallenbleiche, Extremwetterereignisse und die Versauerung der Meere sind sichtbare Symptome.
Trotz der Fortschritte bleiben kritische Stimmen laut. Fabienne McLellan von OceanCare bezeichnet UNO-Ozeankonferenzen als PrĂŒfsteine: Ob die Staaten ihre eigenen Ziele â wie etwa die Reduktion der Meeresverschmutzung oder nachhaltige Fischereimethoden â erreichen, sei weiterhin offen. âVon diesen Zielen sind wir jedoch noch weit entfernt.â
Auch Greenpeace fordert, dass sich LĂ€nder wie Ăsterreich nicht lĂ€nger zurĂŒcklehnen dĂŒrfen: âDie Ratifizierung darf nicht weiter aufgeschoben werden.â
Ein umstrittener Punkt war der VorstoĂ der USA unter PrĂ€sident Trump, den Tiefseebergbau voranzutreiben â ein Bereich, der bisher kaum reguliert ist. 37 Staaten sprachen sich in Nizza fĂŒr eine vorsorgliche Pause dieser Praxis aus. Mehrere GroĂbanken signalisierten bereits, solche Projekte nicht mehr zu finanzieren.
UN-GeneralsekretĂ€r AntĂłnio Guterres warnte in seiner Eröffnungsrede eindringlich davor, die Weltmeere zu einem âWilden Westenâ verkommen zu lassen â ein unkontrollierter Raum ohne Regeln, mit enormen ökologischen Risiken.
Neben dem Hochseeabkommen wurde auch das internationale Forschungsprogramm âMission Neptunâ beschlossen. Die Meere seien âweniger erforscht als der Mond oder der Marsâ, heiĂt es im Abschlussdokument. KĂŒnftig soll ein jĂ€hrlicher Zustandsbericht der Weltmeere unter dem Titel âStarfishâ erscheinen â fĂŒr Politik, Forschung und Zivilgesellschaft. Auch die UNESCO kĂŒndigte an, Meeresbildung stĂ€rker zu fördern.
Weitere Initiativen betreffen die Begrenzung von PrimÀrplastik, den Schutz vor LÀrmbelÀstigung im Ozean sowie neue internationale Partnerschaften zum Schutz besonders sensibler Gebiete.
Die UNO-Ozeankonferenz hat unter schwierigen geopolitischen Bedingungen einen wichtigen Impuls gesetzt. Der Weg zur Umsetzung ist jedoch weit â die Ratifizierung durch alle 60 Staaten bleibt ebenso offen wie die konkrete Umsetzung der Schutzgebiete.
Trotzdem: Dass sich in Nizza so viele Staaten auf gemeinsame Schritte einigen konnten â und dies in einem Bereich, der Jahrzehnte lang ignoriert wurde â ist ein Signal. Ein Signal, dass Meeresschutz nicht lĂ€nger Nebensache ist, sondern eine zentrale Aufgabe unserer Zeit.
Quellen: https://www.stern.de/news/ozean-konferenz-endet-mit--aktionsplan-fuer-meeresschutz--35806682.html |Â | https://orf.at/stories/3396490/